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Eisenspeicherkrankheit "Zu viel des Guten"

„Lieber zu viel als zu wenig!“ – Was vielleicht für Sammler oder Weinliebhaber gilt, ist bezogen auf die Gesundheit meist fatal. Denn „mehr“ bedeutet nicht automatisch auch „besser“. Dies gilt etwa für die tägliche Flüssigkeitszufuhr, die richtige Medikamentendosierung – und auch für die Speicherung von Eisen im Körper. Entgegen des überwiegenden Glaubens, dass nur ein Eisenmangel schlecht für den Körper ist, kann auch ein Überschuss an Eisen – die sogenannte Hämochromatose bzw. Eisenspeicherkrankheit – schädlich für Organe und Gelenke sein.

 

„Zwar benötigt der Körper zur Blutbildung und zum Erhalt der Zellen eine gewisse Menge an Eisen, jedoch lagert er zu viel aufgenommenes Eisen in den Organen, meist im Herzen, in der Leber und in der Bauchspeicheldrüse, ab und schädigt die Funktion der Organe somit maßgeblich.“

  Prof. Dr. Timm Westhoff, Direktor der Medizinischen Klinik I des Marien Hospital Herne – Universitätsklinikum der Ruhr-Universität Bochum

Die Hämochromatose gehört zu den häufigsten Stoffwechselerkrankungen, hervorgerufen durch einen erblich bedingten Gendefekt. Sie wird auch Eisenspeicherkrankheit genannt, da der Körper zu viel Eisen aus der Nahrung aufnimmt und einspeichert. „Zwar benötigt der Körper zur Blutbildung und zum Erhalt der Zellen eine gewisse Menge an Eisen, jedoch lagert er zu viel aufgenommenes Eisen in den Organen, meist im Herzen, in der Leber und in der Bauchspeicheldrüse, ab und schädigt die Funktion der Organe somit maßgeblich“, erklärt Prof. Dr. Timm Westhoff, Direktor der Medizinische Klinik I des Marien Hospital Herne Universitätsklinikum der Ruhr-Universität Bochum.

Symptome: Von bronzefarbener Haut bis zu Leberkrebs

Die Ausmaße der Eisenspeicherkrankheit können weitreichend sein. Zum einen klagen Betroffene über ein Gefühl der Abgeschlagenheit. Zum anderen stellt sich bei Leuten mit Hämochromatose oft eine Hyperpigmentierung der Haut – sogenanntes „Bronze-Diabetes“ – ein. Kennzeichnend dafür ist die bronzefarbene Verfärbung der Haut, da sich das Eisen in den Hautzellen einlagert.

„Meistens führen die Eiseneinlagerungen in den Organen jedoch zu Diabetes mellitus oder einer Leberzirrhose. In ca. 20 – 30 % der Fälle führt die Leberzirrhose dabei zu Leberkrebs“, sagt Dr. Monika Segelbacher, Leitende Oberärztin der Klinik für Innere Medizin, Gastroenterologie, Pneumologie des Marien Hospital Witten.

 

„Meistens führen die Eiseneinlagerungen in den Organen zu Diabetes mellitus oder einer Leberzirrhose. In ca. 20 – 30 % der Fälle führt die Leberzirrhose dabei zu Leberkrebs."

  Dr. Monika Segelbacher, Leitende Oberärztin der Klinik für Innere Medizin, Gastroenterologie, Pneumologie des Marien Hospital Witten

Auftreten: Von Jung bis Alt

Da die Eisenspeicherkrankheit vererbt wird, können auch Neugeborene bereits Krankheitssymptome entwickeln, wie etwa eine akute Entzündung der Leber. Diese Erkrankung tritt zwar nur in seltenen Fällen auf, verläuft dann jedoch in der Regel tödlich für das Kind.

In späteren Krankheitsstadien entstehen häufig Gelenkschädigungen durch die Eisenablagerung, ähnlich wie bei Arthrose. Schmerzen, Schwellungen und eine verminderte Beweglichkeit der Gelenke können die Folge sein. Je nach Schwere der Erkrankung können Gelenkbeschwerden aber auch in jungem Alter und an untypischen Gelenkstellen auftreten.

Diagnose: Vom Blutspiegel bis zum Gentest

Die einfachste Methode das Vorliegen einer Eisenspeicherkrankheit nachzuweisen ist ein Bluttest inklusive Messung der Eisenwerte und anschließendem Vergleich mit den Normwerten. In der Regel wird dies bereits bei der ersten Blutabnahme im Kindesalter vom Arzt geprüft. Des Weiteren kann ein Gentest Sicherheit bringen.

Arztwahl: Vom Allgemeinmediziner bis zum Spezialisten

Während der Hausarzt üblicherweise die Blutabnahmen und Bluttests durchführt, muss, um die Funktionsfähigkeit der Organe wie Leber und Bauchspeicheldrüse zu überprüfen, regelmäßig auch ein Facharzt für Inneren Medizin und Gastroenterologie oder ein Hämatologe hinzugezogen werden. Bei rheumatologischen Beschwerden durch die Eisenspeicherkrankheit kann ein Rheumatologe oder ein Strahlenmediziner helfen.

 

„Da das defekte Gen nicht direkt behandelt werden kann, ist das oberste Ziel der Therapie von Hämochromatose eine übermäßige Eisenspeicherung im Körper zu verhindern. Dafür muss der Eisenspeicher regelmäßig durch Aderlässe bzw. Blutabnahmen entleert werden."

  Dr. Viktor Rempel, Chefarzt der Klinik für Gastroenterologie des St. Anna Hospital Herne

Behandlung: Von der Ursache bis zu Folgeerkrankungen

„Da das defekte Gen nicht direkt behandelt werden kann, ist das oberste Ziel der Therapie von Hämochromatose eine übermäßige Eisenspeicherung im Körper zu verhindern“, beschreibt Dr. Viktor Rempel, Chefarzt der Klinik für Gastroenterologie, St. Anna Hospital Herne. „Dafür muss der Eisenspeicher regelmäßig durch Aderlässe bzw. Blutabnahmen entleert werden.“ Darüber hinaus werden maschinelle Verfahren zur Trennung der roten, eisenhaltigen Blutkörperchen von den restlichen Blutbestandteilen eingesetzt. Nachdem die eisenhaltigen Blutkörperchen herausgefiltert wurden, wird der Rest wieder zurück in den Körper geleitet.

Die individuellen Symptome der Eisenspeicherkrankheit, je nachdem welches Organ betroffen ist und welche Folgeerkrankungen sich einstellen, müssen gezielt bei Fachspezialisten behandelt werden. „Zur Therapie der durch Hämochromatose verursachten Gelenkbeschwerden werden z. B. Möglichkeiten zur Behandlung von Arthrose angewendet“, sagt Prof. Dr. Xenofon Baraliakos, Ärztlicher Direktor des Rheumazentrum Ruhrgebiet. „Dazu zählen etwa entzündungshemmende Medikamente, Krankengymnastik oder Kortison-Spritzen.“ Bei Diabetes mellitus dagegen muss der Blutzuckerspiegel durch Insulinspritzen reguliert und regelmäßig kontrolliert werden.

 

"Zur Therapie der durch Hämochromatose verursachten Gelenkbeschwerden werden z. B. Möglichkeiten zur Behandlung von Arthrose angewendet. Dazu zählen etwa entzündungshemmende Medikamente, Krankengymnastik oder Kortison-Spritzen."

  Prof. Dr. Xenofon Baraliakos, Ärztlicher Direktor des Rheumazentrum Ruhrgebiet

In der Regel besteht die Behandlung aus einer Kombination verschiedener Maßnahmen.

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Prof. Dr. med. Xenofon Baraliakos
Ärztlicher Direktor
Rheumazentrum Ruhrgebiet
Fon: 02325 - 592 - 131
sekretariat@rheumazentrum-ruhrgebiet.de

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Dr. Monika Segelbacher
Leitende Oberärztin
Klinik für Innere Medizin und Gastroenterologie
Marien Hospital Witten
Fon 0 23 02 - 173 - 13 71
innere-medizin@marien-hospital-witten.de