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Bandscheibenvorfall Wenn der Stoßdämpfer nachlässt

Nach vorne beugen, das schwere Päckchen hochheben und plötzlich ein stechender Schmerz: ein Bandscheibenvorfall. Bandscheibenvorfälle gehören zu den häufigsten Verschleißerkrankungen der Wirbelsäule. Jährlich sind in Deutschland etwa 180.000 Menschen betroffen. Doch was genau ist ein Bandscheibenvorfall? Wie wird er behandelt? Und was kann man tun, um ihm vorzubeugen?

Was ist ein Bandscheibenvorfall?

Die Bandscheibe ist eine Art Stoßdämpfer zwischen den einzelnen Wirbelkörpern. Sie besteht im Inneren aus einem weichen elastischen Kern, dem sogenannten Gallertkern. Dieser ist von einem harten Faserring umgeben, der die Bandscheibe stabilisiert. Bei einem Bandscheibenvorfall ist der harte Faserring beschädigt oder instabil. Dadurch wölbt sich der Gallertkern aus der Bandscheibe hervor und durchbricht den Faserring. „In 90 % der Fälle tritt ein Bandscheibenvorfall im Bereich der Lendenwirbelsäule auf“, so Priv.-Doz. Dr. Sebastian Rütten, Direktor des Zentrum für Orthopädie und Unfallchirurgie und Chefarzt des Zentrum für Wirbelsäulenchirurgie und Schmerztherapie der St. Elisabeth Gruppe.

 

„In 90 % der Fälle tritt ein Bandscheibenvorfall im Bereich der Lendenwirbelsäule auf.“

  Priv.-Doz. Dr. Sebastian Rütten, Direktor des Zentrum für Orthopädie und Unfallchirurgie und Chefarzt des Zentrum für Wirbelsäulenchirurgie und Schmerztherapie der St. Elisabeth Gruppe

Welche Symptome verursacht ein Bandscheibenvorfall?

Ein Bandscheibenvorfall kann unterschiedliche Symptome hervorrufen. Oft treten bei Belastungen Schmerzen auf oder werden stärker. Bei einem Bandscheibenvorfall im Bereich der Lendenwirbelsäule können die Schmerzen ins Bein ausstrahlen und das Gehen erschweren. Diese Symptome decken sich mit denen eines Hexenschusses, der auch durch eine geschwächte Rückenmuskulatur ausgelöst wird. Tritt der Bandscheibenvorfall im Bereich der Halswirbelsäule auf, können die Schmerzen in Kopf oder Arme ausstrahlen. Auch ein Kribbeln in den Armen oder Beinen, das sich anfühlt als würden Ameisen durch den Körper laufen, kann ein Symptom für einen Bandscheibenvorfall sein.

 

„Auch Lähmungserscheinungen können auftreten, wenn durch den Vorfall der Bandscheibe Nerven eingeengt werden.“

  Priv.-Doz. Dr. Sebastian Rütten, Direktor des Zentrum für Orthopädie und Unfallchirurgie und Chefarzt des Zentrum für Wirbelsäulenchirurgie und Schmerztherapie der St. Elisabeth Gruppe

Doch nicht nur Rückenschmerzen sind bei Bandscheibenvorfällen häufig. „Auch Lähmungserscheinungen können auftreten, wenn durch den Vorfall der Bandscheibe Nerven eingeengt werden“, sagt Priv.-Doz. Dr. Sebastian Rütten. Es gibt jedoch auch Fälle, bei denen weder Schmerzen noch Lähmungserscheinungen auftreten und der nur zufällig Bandscheibenvorfall erst im Rahmen einer Untersuchung entdeckt wird.

Was begünstigt einen Bandscheibenvorfall?

Besonders mit dem Alter steigt das Risiko für Bandscheibenvorfälle. Denn mit zunehmendem Alter lässt die Elastizität der Bandscheibe nach. Weitere Gründe für Bandscheibenvorfälle – auch im jungen Alter – können eine falsche Belastung der Wirbelsäule sein , z. B. durch regelmäßiges langes Sitzen auf nicht-ergonomischen Stühlen, und Übergewicht. Aber auch die genetische Veranlagung spielt eine Rolle.

Wie wird ein Bandscheibenvorfall diagnostiziert?

Zur Diagnose eines Bandscheibenvorfalls führt der Arzt zunächst ein ausführliches Gespräch mit dem Patienten (Anamnese), bei dem er die Symptome abfragt. Auch körperliche Tests bzgl. des Schmerzempfindens führt der Arzt durch. Sicher diagnostizieren lässt sich ein Bandscheibenvorfall durch bildgebende, radiologische Verfahren. Ein Röntgenbild der Wirbelsäule zeigt zum Beispiel, ob die Bandscheiben dünner geworden sind, also ob die Wirbelkörper näher beieinanderliegen oder sich verschoben haben. Im CT und MRT lässt sich zudem genau erkennen, in welchem Bereich der Wirbelsäule ein Bandscheibenvorfall aufgetreten ist und in welche Richtung sich die Bandscheibe verschoben hat.

Welche konservativen Maßnahmen helfen?

Die Therapie eines Bandscheibenvorfalls hat zwei Ziele: Schmerzen lindern und die Rückenmuskulatur stärken. Zur Schmerzlinderung kann eine Wärmetherapie beitragen. Sie regt die Durchblutung in der Haut an und lockert die versteifte Rückenmuskulatur. Zusätzlich verschreibt der Arzt in der Regel Medikamente, die schmerz- und entzündungshemmend wirken. Das verhindert, dass der Patient aufgrund von Schmerzen eine Schonhaltung einnimmt, seine Rückenmuskulatur zusätzlich verspannt und sich die Beschwerden verschlimmern. Bei besonders starken Schmerzen kann der Arzt auch örtlich betäubende Medikamente oder Kortison spritzen.

Ruhigstellung oder gar Bettruhe wird heute nur noch selten verordnet. Im Gegenteil: Moderate Bewegung ist sogar in den meisten Fällen bei einem Bandscheibenvorfall empfehlenswert. Viele Patienten erhalten eine Physiotherapie. Dabei übt der Physiotherapeut mit dem Patienten zum Beispiel schmerzarme Bewegungsabläufe. Darüber hinaus entlastet eine gestärkte Bauch- und Rückenmuskulatur die Bandscheiben langfristig.

Wann ist eine Operation nötig?

Drückt die Bandscheibe auf die Nerven oder hat der Patient starke Lähmungserscheinungen muss operiert werden. Hierfür eignen sich insbesondere vollendoskopische Verfahren. Dazu wird ein dünnes Endoskop mit einer Kamera, einer Lichtquelle und verschiedenen Instrumenten über winzige Einschnitte in den Rücken des Patienten eingeführt. „Der Operateur hat auf einem großen OP-Bildschirm eine gute Sicht und kann mit den dünnen Instrumenten auch in die Tiefen der Wirbelsäule vordringen“, erklärt Priv.-Doz. Dr. Sebastian Rütten. Entweder wird so die gesamte Bandscheibe entfernt (Diskektomie) oder gegebenenfalls nur Teile des Gallertkerns (Nukleotomie). Durch die kleinen Schnitte haben Patienten im Gegensatz zu einer offenen Operation weniger Schmerzen und eine kürzere Genesungszeit.

 

„Der Operateur hat auf einem großen OP-Bildschirm eine gute Sicht und kann mit den dünnen Instrumenten auch in die Tiefen der Wirbelsäule vordringen.“

  Priv.-Doz. Dr. Sebastian Rütten, Direktor des Zentrum für Orthopädie und Unfallchirurgie und Chefarzt des Zentrum für Wirbelsäulenchirurgie und Schmerztherapie der St. Elisabeth Gruppe

Doch so weit muss es gar nicht kommen. Mit diesen 4 Tipps lässt sich einem Bandscheibenvorfall vorbeugen:

4 Tipps, um einem Bandscheiben- vorfall vorzubeugen

  • Regelmäßige Bewegung – stärkt die Rückenmuskulatur und entlastet die Wirbelsäule.  Schwimmen und Radfahren sind besonders rückenschonend.
  • Rückenfreundliche Bewegungsabläufe – Wer einen Kasten Wasser oder andere schwere Gegenstände hochhebt, sollte dabei in die Knie gehen, das Kreuz gerade halten und dann den Kasten hochheben, dabei Arme eng am Körper lassen und Lasten am besten nicht einseitig heben.
  • Langes Sitzen vermeiden – insbesondere bei Schreibtischarbeit auf einen ergonomischen Arbeitsplatz achten, die Sitzposition wechseln und öfter mal aufstehen, sich bewegen und strecken.
  • Übergewicht vermeiden – zu viele Kilos bergen nicht nur ein erhöhtes Risiko für viele Herz-Kreislauf-Erkrankungen, sondern belasten auch die Wirbelsäule.