thumbnail

Achtung Kältegefahr! Wärmemanagement im OP

Menschen haben in der Regel eine Körperkerntemperatur von etwa 37 °C. Ihre Haut ist ca. 2 bis 4 °C kühler. Diesen Temperaturunterschied kann der menschliche Körper in der Regel ohne Probleme selbst regulieren. Befindet sich ein Patient jedoch in Voll- oder Teilnarkose, besteht das Risiko, zu viel eigene Körperwärme abzugeben. Die Folge: Der Patient unterkühlt.  Eine Unterkühlung kann schwerwiegende Folgen haben. Doch wie lässt sie sich verhindern?

 

„Das alles kann verhindert werden, indem der Patient vor, während und nach der Narkose aktiv gewärmt wird.“

  Prof. Dr. Ulrich Frey, Chefarzt der Klinik für Anästhesiologie, operative Intensivmedizin, Schmerz- und Palliativmedizin des Marien Hospital Herne – Universitätsklinikum der Ruhr-Universität Bochum

Was passiert bei einer Unterkühlung?

Eine Unterkühlung im OP kann negative Folgen für den Heilungsverlauf haben. Herz-Kreislauf-Zwischenfälle treten häufiger auf, die Sterblichkeit ist erhöht. Auch der Bedarf an Bluttransfusionen nimmt zu, da die Blutgerinnung beeinträchtigt ist und sich der Blutverlust erhöht. Zudem lassen sich vermehrt Wundinfektionen und Wundheilungsstörungen beobachten, die häufig den Aufenthalt im Krankenhaus verlängern. „Das alles kann verhindert werden, indem der Patient vor, während und nach der Narkose aktiv gewärmt wird“, erklärt Prof. Dr. Ulrich Frey, Chefarzt der Klinik für Anästhesiologie, operative Intensivmedizin, Schmerz- und Palliativmedizin des Marien Hospital Herne – Universitätsklinikum der Ruhr-Universität Bochum.

Wieso kühlen Patienten während einer Narkose aus?

Bereits ein Absinken der Körpertemperatur um ein Grad, also auf 36 °C kann diese Probleme verursachen. Doch warum kühlen Patienten während einer Operation überhaupt aus? In der Regel kann der menschliche Körper Temperaturunterschiede von außen gut ausgleichen. Wenn es zu warm ist, beginnt er zu schwitzen. Dieser Prozess findet alltäglich statt. Schweiß verdunstet bei Kontakt mit der Luft und die Verdunstungswärme wird an die Luft abgegeben. Der Schweiß kühlt die Haut. Bei Kälte ziehen sich die Blutgefäße unter der Haut zusammen, das Blut hält die Wärme im Körperkern.

Bei einer Narkose wird die körpereigene Temperaturregulation auf 37 °C durch Narkosemittel außer Kraft gesetzt. Die äußeren Blutgefäße weiten sich, das kühlere Blut fließt ins Innere des Körpers und senkt dort die Kerntemperatur. Medikamente bewirken zudem, dass der Körper viel länger braucht, um selbst aktiv auf Temperaturveränderungen zu reagieren. Auch größere Wunden bewirken einen Wärmeverlust, da das im Blut enthaltene Wasser verdunstet. Zudem ist in der Narkose der Stoffwechsel verlangsamt, sodass der Körper weniger Wärme produziert.

Wie lässt sich eine Unterkühlung im OP verhindern?

Um die Patienten vor einer Unterkühlung zu bewahren, sind Operationssäle mit zahlreichen Geräten ausgestattet, um die Körperkernwärme der Patienten konstant auf normalen 37 Grad zu halten. Grundsätzlich gilt, dass direkte Wärme mit Kontakt zur Haut bei allen Maßnahmen effektiver ist, als Strahlungswärme. Besonders häufig kommen Wärmedecken zum Einsatz. Je nach Art der Operation und der Lage des Patienten können dies Ganzkörperdecken oder Unterlegdecken sein. Besonders wirkungsvoll ist ein Heißluftgebläse, ein riesiger Fön, der auf 43 Grad erwärmte Luft in eine Decke leitet, die auf oder unter dem Patienten liegt. Damit es nicht zu warm wird, wird die Körpertemperatur kontinuierlich überwacht.

Welche Unterschiede gibt es beim Wärmemanagement von Kindern?

Besonders Kinder sind sehr anfällig für eine Unterkühlung. Sie reagieren extrem empfindlich auf eine zu kühle Umgebungstemperatur – je kleiner sie sind, umso schneller kühlen sie aus. Säuglinge und Kleinkinder haben im Verhältnis zu ihrem Körpergewicht viel mehr Körperoberfläche. Schon bei einer Veränderung der Körpertemperatur um 2 Grad können bei Säuglingen in Narkose lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen auftreten. „Um das zu vermeiden, wird beispielsweise im Marien Hospital Witten der OP-Saal für Kinder auf 26 Grad geheizt, Frühgeborene werden bei einer Raumtemperatur von 32 Grad operiert. Zusätzlich werden Wärmedecken benutzt und die Operation wird unter einem Heizstrahler durchgeführt“, erklärt Dr. Stephan Schulz, Klinik für Anästhesie, Schmerz- und Intensivmedizin des Marien Hospital Witten.

 

"Um das zu vermeiden, wird beispielsweise im Marien Hospital Witten der OP-Saal für Kinder auf 26 Grad geheizt, Frühgeborene werden bei einer Raumtemperatur von 32 Grad operiert. Zusätzlich werden Wärmedecken benutzt und die Operation wird unter einem Heizstrahler durchgeführt."

  Dr. Stephan Schulz, Klinik für Anästhesie, Schmerz- und Intensivmedizin des Marien Hospital Witten