Symbolbild Kirmes

Zwischen Nervenkitzel und Gaumenfreuden Der Gesundheitscheck auf der Cranger Kirmes

Eine Achterbahn mit fünf Loopings, ein Flug mit über 70 km/h in 73m Höhe, dazu Party im Bierzelt und eine Weinreise durch Herne-Crange – die Cranger Kirmes hat auch in diesem Jahr für jeden Geschmack etwas zu bieten. Aber wie ergeht es eigentlich Magen, Herz und Wirbelsäule bei einem Besuch „auf Crange“?

Fettes Essen kann den Magen reizen

Von der Pferdebratwurst über Crêpes und Türkischen Honig bis hin zu Klassikern wie Pommes frites, Zuckerwatte und Popcorn: Das kulinarische Angebot der Cranger Kirmes ist breit gefächert. Häufig sind die angebotenen Speisen und Snacks aber sehr fett- und zuckerhaltig. „In Maßen ist das kein Problem, in Massen aber schon“, sagt Dr. Viktor Rempel, Chefarzt der Klinik für Gastroenterologie am St. Anna Hospital Herne. „Viel Fett stellt die Verdauung bereits vor eine Herausforderung, kann den Magen reizen und zu Sodbrennen führen. Wird das Fett auch noch mit Eiweiß kombiniert, wie bei einer Bratwurst, benötigt der Verdauungstrakt noch länger, um das Essen zu verarbeiten. Muss der Magen dann vermehrt Säure produzieren, um die Verdauung anzutreiben, kann es zu Entzündungen und Magenkrämpfen kommen“, erklärt der Mediziner. Mit einem Brötchen zur Bratwurst könne der Magen aber schon wieder ein wenig beruhigt werden. Trotzdem sollte man nach einer reichhaltigen Portion nicht direkt die nächste Runde mit dem Breakdancer drehen.

 

"Ein Espresso kann durchaus eine magenberuhigende Wirkung haben."

  Dr. Viktor RempelChefarzt, Klinik für Gastroenterologie, St. Anna Hospital Herne

Auch Süßigkeiten und fettige Backwaren im Überfluss können den Magen reizen und unangenehmes Sodbrennen hervorrufen. Zudem neigt man auf der Kirmes eher dazu, hektisch zu essen und Snacks im Gehen zu sich zu nehmen – auch dieses Essverhalten kann den Verdauungstrakt reizen und Magenschmerzen hervorrufen.

Ein Tipp vom Experten lautet: „Kaffee kann, sofern er gut vertragen wird, den Kreislauf anregen und den Magen-Darm-Trakt stimulieren. So fühlt man sich nach dem Essen schneller wieder fit.“ Häufig reicht es schon, sich zum Essen gemütlich hinzusetzen und längere Pausen zwischen den verschiedenen Snacks einzulegen. Auch Bewegung, etwa durch einen Rundgang über die Kirmes, kann die Verdauung fördern. „Um Heißhunger zu vermeiden und gleichzeitig den Magen zu beruhigen, kann man bereits vor dem Besuch auf der Kirmes eine eiweißhaltige und leichtverdauliche Kleinigkeit zu sich nehmen“, erklärt Janina Buschmann, Ernährungsberaterin der St. Elisabeth Gruppe. „Hier bietet sich etwa ein fettarmer Joghurt oder ein Magerquark mit Früchten an“, ergänzt ihre Kollegin Lisa Ostermann.

Alkohol in Maßen, nicht im Maßkrug

Alkohol kann in geringen Mengen – wie einem Glas Wein oder Bier – dazu beitragen, die Muskelentspannung zu erhöhen und somit für ein größeres Magenvolumen sorgen. Zudem regt er die Produktion der Magenschutzschicht an, kann also Magenschmerzen und Magengeschwüren vorbeugen. Da Alkohol aber auch die Produktion der Magensäure steigert, sollten von Sodbrennen Betroffene eher auf ihn verzichten. Wer die Cranger Kirmes mehr als einmal besucht, sollte zudem nicht bei jedem Ausflug zum Bierglas greifen.

Die von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung empfohlene Menge Alkohol pro Tag liegt bei 10 Gramm für Frauen und 20 Gramm für Männer.

Das entspricht für Frauen etwa einem Glas Bier oder Wein, bei Männern der doppelten Menge. Nichtsdestotrotz sollten mehrere alkoholfreie Tage in der Woche eingelegt werden, sodass beispielsweise der Familientag am 07. August für einen entspannten, alkoholfreien Rundgang genutzt werden kann. Dann können sich Leber und Niere von dem zusätzlichen Stress durch den Alkoholabbau erholen und das Risiko für gesundheitliche Schäden bleibt gering.

Nicht mit „Rücken“ in die Achterbahn

Neben dem Essen sind die Fahrgeschäfte der Hauptgrund, ein Volksfest wie die Cranger Kirmes zu besuchen: 13 Karussells und 7 Achterbahnen locken mit Loopings, Sturzflügen und rasenden Drehungen. Schalensitze und Sicherheitsbügel verhindern dabei das Schlimmste. Doch auch perfekt gesichert wirken große Kräfte auf den Körper – in manchen Achterbahnen sogar kurzzeitig bis zu 5,2 G, also mehr als das fünffache des eigenen Körpergewichts. „Aber erst ab einer Beschleunigung von etwa 8 G ist mit schlimmeren Folgen wie Schleudertraumata und Knochenbrüchen zu rechnen“, beruhigt Prof. Dr. Sebastian Rütten, Direktor des Zentrum für Orthopädie und Unfallchirurgie der St. Elisabeth Gruppe.

 

„Wer unter Rückenschmerzen leidet, sollte ruhigere Fahrgeschäfte aufsuchen.“

  Prof. Dr. Sebastian RüttenDirektor, Zentrum für Orthopädie und Unfallchirurgie, St. Elisabeth Gruppe – Katholische Kliniken Rhein-Ruhr

Ruckartige Bewegungen und schnelle Richtungswechsel sowie ein Aufprall beim Autoscooter sind für eine schwache Wirbelsäule jedoch gefährlich. „Wer unter starken Rückenschmerzen oder Problemen mit der Wirbelsäule leidet, sollte es daher nicht übertreiben“, empfiehlt der Experte. Wer sich nur unter Angst in die Achterbahn traut und panisch und verkrampft versucht, die Fahrt zu überstehen, muss beim Austeigen mit Rücken-, Nacken- und Kopfschmerzen rechnen. Das gleiche gilt für alkoholisierte Fahrgäste, die aufgrund des mangelnden Reaktionsvermögens bei der Fahrt durchgeschüttelt werden.

Fahrgeschäfte treiben Puls und Blutdruck in die Höhe

Nicht nur für den Rücken, auch für das Herz kann eine Achterbahnfahrt herausfordernd sein. „Durch den Stress vor und während der Fahrt steigt der Puls schnell an, bei hoher Nervosität auf bis zu 200 Schläge pro Minute“, sagt Dr. Panagiota Zgoura, Chefärztin der Klinik für Innere Medizin am St. Anna Hospital Herne. Ein solcher Adrenalinschub, ob aus Vorfreude oder Angst, kann kurzfristig zu Herzrhythmusstörungen führen. Besonders aufmerksam müssen Herzkranke oder Kirmesbesucher mit hohem Blutdruck sein. Menschen mit einer Herz-Kreislauf-Erkrankung sollten von einer Fahrt mit solchen Fahrgeschäften absehen. Eine derartige Belastung kann bei ihnen zu einem Schlaganfall oder sogar einem Infarkt führen“. Empfehlenswert ist daher für Risikopatienten eher eine Runde auf dem Riesenrad.

Von einem Besuch der Kirmes rät keiner der Experten ab. Im Sinne der eigenen Gesundheit, sollten Besucher jedoch wissen, wo ihre gesundheitlichen Grenzen liegen und welches Kirmesvergnügen eher in Maßen genossen werden sollte.

Ihre Experten

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Dr. Panagiota Zgoura

Chefärztin
Klinik für Innere Medizin
St. Anna Hospital Herne
Fon 02325 - 986 - 2101
medklinik1@annahospital.de

doc

Janina Buschmann

Ernährungsberaterin
St. Elisabeth Gruppe – Katholische Kliniken Rhein-Ruhr
 

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Lisa Ostermann

Ernährungsberaterin
St. Elisabeth Gruppe – Katholische Kliniken Rhein-Ruhr