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Juvenile Psoriasis-Arthritis Wenn Rheuma auch Kinder trifft

„Rheuma? – Doch nicht bei Kindern!“ Diesen Satz hört man öfter, aber leider stimmt er nicht. Auch Kinder und Jugendliche können unter einer rheumatischen Erkrankung leiden. Die Ursachen sind vielfältig. Sowohl genetische Risikofaktoren als auch Infektionen können eine Rolle bei der Entstehung spielen. Die meisten kindlichen rheumatischen Krankheitsbilder sind Autoimmunkrankheiten, d. h. das eigene Immunsystem richtet sich gegen die Gelenke und führt zu einer Entzündung. So auch bei der juvenilen Psoriasis-Arthritis.

Juvenile Psoriasis-Arthritis – ein sperriger Begriff

Arthritis bezeichnet eine chronisch entzündliche Erkrankung der Gelenke. Juvenil bedeutet, dass die Erkrankung vor dem 16. Lebensjahr auftritt. Psoriasis steht für eine dauerhafte Hautentzündung und ist auch als Schuppenflechte bekannt. Die Psoriasis-Arthritis ist eine schmerzhafte, chronische Gelenkentzündung und kann sowohl große als auch kleine Gelenke betreffen. Sie tritt in der Regel zusammen mit einer schwer kontrollierbaren Form der Schuppenflechte auf.

Ursachen

Die Ursache für die Entstehung der Erkrankung ist noch nicht vollständig geklärt. Vermutlich handelt es sich um ein Zusammenspiel aus erblicher Veranlagung und äußeren Faktoren, das zu dieser Autoimmunerkrankung führt.

Symptome

Typische Symptome sind u. a. Gelenk- und Rückenschmerzen sowie Gelenkschwellungen. Oft verstärken sich die Beschwerden während Ruhephasen. Hinzu kommen Morgensteifigkeit und tiefsitzende Kreuzschmerzen. Die Schuppenflechte und die charakteristischen Hautsymptome treten in der Regel zuerst auf. In seltenen Fällen kommen Gelenkbeschwerden und Schuppenflechte gleichzeitig vor.

Diagnose

Die Diagnose besteht aus einer gründlichen körperlichen Untersuchung. Darüber hinaus kann eine Blutuntersuchung bestimmter Laborwerte wie z. B. HLA-B27 den Arzt dabei unterstützen, den Krankheitsverlauf besser einzuschätzen. Auch eine augenärztliche Untersuchung ist wichtig, weil es in ca. 10 Prozent der Fälle zusätzlich zu einer chronischen Entzündung des Auges kommen kann. Darüber hinaus können weitere Verfahren die Diagnosestellung unterstützen.

Behandlungsverfahren

„Die Behandlung rheumatischer Erkrankungen im Kindesalter hat zum Ziel, dauerhafte Schädigungen zu vermeiden und dem jungen Patienten eine normale psychische, soziale und körperliche Entwicklung zu ermöglichen. Um dies zu erreichen, sollten die Symptome dauerhaft abgeschwächt und die rheumatische Entzündung unterdrückt werden“, erklärt Dr. Ralf Seul, Oberarzt und Kinder-Rheumatologe der Kinder- und Jugendklinik des Marien Hospital Witten.

Multimodales Therapiekonzept

Ermöglicht wird dies durch ein sogenanntes „multimodales Therapiekonzept“. Es setzt sich aus unterschiedlichen Behandlungsansätzen, wie Physio- und Ergotherapie, psychologischer Behandlung sowie der Gabe von Medikamenten zusammen. Die Behandlung rheumatischer Erkrankungen muss in der Regel kontinuierlich über einen langen Zeitraum erfolgen. Dies und die damit verbundenen Arztbesuche können die gesamte Familie zeitlich stark in Anspruch nehmen. Auch eventuell auftretende Nebenwirkungen durch Medikamente können eine Belastung sein.

Medikamentöse Behandlungsverfahren

Grundlage für die medikamentöse Behandlung von Rheuma bei Kindern und Jugendlichen bilden die sogenannten nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR), die schmerz- und entzündungshemmend wirken. Sollten diese nicht ausreichen, erfolgt die Gabe von Basismedikamenten. Sie können den Entzündungsprozess beeinflussen und so dauerhafte Schädigungen der Gelenke und Organe vermindern oder auch vollständig aufhalten.  

Generell gilt, dass sich der Einsatz von Medikamenten stets nach der Art der Erkrankung, ihrer Dauer und nach der Intensität der Beschwerden des Kindes oder Jugendlichen richtet.

Weitere Informationen zur medikamentösen Behandlung gibt es hier.

Physio- und Ergotherapie

Einen weiteren wichtigen Baustein in der Behandlung bilden individuell angepasste, kontinuierlich angewandte physikalische Maßnahmen, Physio- und Ergotherapie sowie Krankengymnastik. Durch sie können Schmerzen gelindert und die ungleichmäßige Beanspruchung von Muskeln ausgeglichen werden. Auch Einschränkungen in der Bewegung, Fehlstellungen oder Schonhaltungen können so behandelt oder ihnen vorgebeugt werden. Neben der Krankengymnastik hilft die Ergotherapie dabei, gezielt die Aktivitäten des täglichen Lebens für die jungen Rheumapatienten zu erleichtern und deren Ausführung zu verbessern. Sogenannte Funktions- und Lagerungsschienen beugen einer drohenden Fehlstellung der Gelenke im Bereich der Hände und Finger vor. Die Physiotherapie zielt vor allem auf den Erhalt und die Therapie der Gelenkfunktionen sowie die Behandlung eventueller Fehlstellungen ab. Auch die Beweglichkeit wird durch Mobilisation und das Dehnen verkürzter Strukturen gefördert. Eltern können einige Behandlungsmethoden erlernen, um diese auch zu Hause bei ihrem Kind anzuwenden. Der Kinder-Rheumatologe erläutert: „Vor allem die Linderung der Schmerzen und die Entspannung der Muskeln stehen im akuten Stadium der Arthritis im Fokus der Behandlung. Dies wird durch ein behutsames und passives Bewegen der Gelenke erreicht, das wiederum zu einer allgemeinen Verbesserung der Beweglichkeit des jungen Patienten führt. Auch die Behandlung mit Kälte oder Wärme kommt hier zum Einsatz.“

Psychologie

Weil rheumatische Erkrankungen sowohl die Kinder und Jugendlichen als auch deren Familien oftmals sehr belasten, ist es wichtig, auch psychologische Hilfe anzubieten. Sie unterstützt die Verarbeitung der Erkrankung und den Behandlungserfolg. Im multimodalen Therapiekonzept ist die Psychologie ein wesentlicher Baustein.

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