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Die "Kuss-Krankheit" Pfeiffersches Drüsenfieber

Menschen brauchen Körperkontakt. Das gilt insbesondere für frisch verliebte Teenager – ausgiebiges und inniges Küssen gehört dann einfach dazu. Das macht nicht nur Spaß, sondern stärkt im Allgemeinen auch das Immunsystem, da über den Speichel Bakterien übertragen werden, die das Immunsystem des Partners auf die Probe stellen. Genau dieser Austausch öffnet aber auch die Tür für eine häufige Erkrankung: Das Pfeiffersche Drüsenfieber. Weil das Küssen der klassische Übertragungsweg für die Virus-Erkrankung ist, spricht man auch von der „Kuss-Krankheit“.

Wie wird das Virus übertragen?

Das Pfeiffersche Drüsenfieber, im Fachjargon infektiöse Mononukleose, ist eine Viruserkrankung, die durch das Epstein-Barr-Virus verursacht wird. Es kann nur von Mensch zu Mensch übertragen werden. Das geschieht hauptsächlich über den Speichel. Die Infektion kann aber auch durch Husten, Niesen oder in seltenen Fällen durch Bluttransfusionen bzw. Organtransplantationen passieren. Nur selten ist die Erkrankung gefährlich, meistens verläuft sie mild – der Krankheitsverlauf kann sich aber über mehrere Wochen ziehen. Wer die Krankheit einmal hatte, ist in der Regel ein Leben lang immun.

Kommt das Virus häufig vor?

Schätzungsweise 95 Prozent aller Europäer infizieren sich bis zum 30. Lebensjahr mit dem Virus. Die höchste Ansteckungsrate gibt es im Alter zwischen 15 und 19 Jahren. Säuglinge sind häufig durch über die Mutter übertragene Antikörper geschützt.

Wie äußert sich die Erkrankung?

„Der Zeitraum zwischen Ansteckung und Ausbruch beträgt 10 bis 50 Tage. Die Hauptsymptome sind hohes Fieber, Gliederschmerzen, Müdigkeit, fauliger Mundgeruch sowie eine Vergrößerung der Lymphknoten und Mandeln“, erklärt Dr. Bahman Gharavi, Chefarzt der Kinder- und Jugendklinik des Marien Hospital Witten.

Meist beginnt die Erkrankung mit grippeähnlichen Beschwerden wie allgemeinem Unwohlsein, Müdigkeit, Appetitlosigkeit, sowie Kopf- und Gliederschmerzen. Nach einigen Tagen steigt die Körpertemperatur auf biszu 39 °C. Gelegentlich treten Lichtscheu und Luftnot auf. Typisch sind auch schmerzhafte und meist dick geschwollene Lymphknoten – besonders am Hals. Darüber hinaus gehören Schluckbeschwerden und Halsschmerzen bei vergrößerten Mandeln, auf denen sich ein dicker, grau-weißer Belag bildet, zu den Symptomen. Manche Betroffene klagen auch über Bauchschmerzen. Die Ursache hierfür ist eine Vergrößerung der Milz und der Leber. In sehr seltenen Fällen kann auch ein Hautausschlag auftreten.

Wie lange dauert der Krankheitsverlauf?

Die akuten Krankheitssymptome halten meist ein bis zwei Wochen an. In der zweiten und dritten Woche leiden Betroffene verstärkt unter Müdigkeit. Im Normalfall ist die Infektion nach ca. drei Wochen überstanden. Manchmal treten Müdigkeit und Abgeschlagenheit aber auch noch Wochen und Monate danach auf.

Wie wird die Erkrankung festgestellt?

Der Arzt stellt die Diagnose anhand des typischen Krankheitsbildes. Der definitive Beweis kann durch die Messung der EBV-Antikörper im Blut erbracht werden. „Wichtig ist, das Pfeiffersche Drüsenfieber von anderen Diagnosen mit ähnlichen Symptomen zu unterscheiden“, so der Chefarzt. Zu Beginn der Erkrankung steht häufig eine Rachenentzündung im Vordergrund, die von einer eitrigen Angina, z. B. durch Streptokokken der Gruppe A oder einer Diphterie unterschieden werden muss. Bei den häufigen Lymphknotenschwellungen muss neben anderen Infektionskrankheiten, wie Katzenkratzkrankheit, Tuberkulose und Toxoplasmose, auch an eine Autoimmunerkrankung und an eine bösartige Erkrankung wie Lymphome oder akute Leukämien gedacht werden.

Können Komplikationen auftreten?

Komplikationen sind selten. Am häufigsten ist ein Hautausschlag durch die Einnahme von Antibiotika. Das geschieht, wenn das Krankheitsbild als bakterielle Angina interpretiert und mit Antibiotika behandelt wird. Gelegentlich können durch die massive Schwellung der Halsmandeln Atem- und Schluckprobleme auftreten. In diesen Situationen kann eine Therapie mit Kortison helfen. Manchmal ist sogar eine Aufnahme im Krankenhaus nötig. Andere Komplikationen sind sehr selten, aber vielfältig, da das Virus grundsätzlich jedes Körperorgan befallen kann.

Wie wird behandelt?

Eine Therapie zur Bekämpfung der Ursache des Pfeifferschen Drüsenfiebers existiert bisher nicht. Der Mediziner gibt jedoch Entwarnung: „In den meisten Fällen ist eine ursächliche Therapie auch nicht notwendig. Die Symptome lassen sich mit schmerzlindernden und fiebersenkenden Medikamenten behandeln.“ Was man selbst noch tun kann, um die Symptome zu lindern, finden Sie in unseren Tipps. Die Erkrankung heilt in der Regel folgenlos ab. Bis die Patienten wieder voll leistungsfähig sind, kann es jedoch mehrere Wochen oder Monate dauern. Die Krankheit hinterlässt eine lebenslange Immunität, das heißt, eine Ansteckung von außen ist ausgeschlossen. Das Virus bleibt jedoch lebenslang im Körper und kann jederzeit reaktiviert werden.

 

"Auf gar keinen Fall sollte man auf Küssen verzichten. Die positiven Effekte des Küssens überwiegen eindeutig."

Dr. Bahman Gharavi, Chefarzt, Kinder- und Jugendklinik

 

Die wichtigste Frage: Besser aufs Küssen verzichten?

Sollte man nun besser grundsätzlich auf das Küssen verzichten, um die Gefahr für eine Ansteckung zu minimieren? „Auf gar keinen Fall. Die positiven Effekte des Küssens überwiegen eindeutig“, so Dr. Gharavi.

Tipps:

  • Bettruhe, beziehungsweise körperliche Schonung
  • Warme Getränke zur Linderung von Halsschmerzen
  • Viel trinken und Einnahme von leicht verdaulicher Nahrung
  • Fiebersenkende Maßnahmen und Medikamente
  • Keine körperliche Anstrengung, bis die Müdigkeit verschwindet

Ihr Experte

doc

Dr. med. Bahman Gharavi

Chefarzt
Kinder- und Jugendklinik
Marien Hospital Witten
Fon 0 23 02 - 173 - 13 53
kinderklinik@marien-hospital-witten.de