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Was werdende Mütter wissen sollten Cytomegalievirus und Toxoplasmose in der Schwangerschaft

Während der Schwangerschaft trägt eine Frau nicht nur Verantwortung für sich selbst, sondern auch für ihr ungeborenes Kind. Man weiß: Alkohol, Nikotin oder bestimmte Medikamente sind tabu. Weniger bekannt ist, dass auch scheinbar harmlose Infektionen gefährlich sein können – vor allem, wenn sie unbemerkt bleiben. Zwei davon sind Zytomegalie und Toxoplasmose. Beide Infektionen verlaufen in der Regel harmlos, außer in der Schwangerschaft. Dann können sie das Kind dauerhaft schädigen. Was steckt dahinter und wie lässt sich das Risiko minimieren?

Zytomegalie: Wenn ein Herpesvirus zur Gefahr wird

Zytomegalie, medizinisch korrekt „Cytomegalie“ genannt, ist eine Infektion, die durch das Cytomegalievirus (CMV) ausgelöst wird – ein Verwandter der Herpesviren. Viele Menschen infizieren sich im Laufe ihres Lebens damit, ohne es zu merken. Das Virus verbleibt nach der Erstinfektion lebenslang im Körper und kann später erneut aktiv werden. Auch eine Reinfektion mit einem anderen Virusstamm ist möglich. Tatsächlich ist die CMV-Infektion die am häufigsten angeborene Virusinfektion.

Für gesunde Erwachsene ist eine CMV-Infektion meist harmlos. Gefährlich wird es jedoch in der Schwangerschaft: Wird das Virus auf das ungeborene Kind übertragen (sogenannte kongenitale CMV-Infektion), kann es zu schweren Schädigungen kommen. Dazu zählen Entwicklungsverzögerungen, Hörstörungen wie bspw. Schwerhörigkeit und in sehr seltenen Fällen auch geistige Behinderungen.

 

"CMV ist tückisch, weil die Infektion oft ohne Symptome verläuft und daher nicht erkannt wird. Gerade in der Schwangerschaft kann das gravierende Folgen haben. Aufklärung und Prävention sind deshalb entscheidend."

  Prof. Dr. Clemens TempferDirektor der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Marien Hospital Herne - Universitätsklinikum der Ruhr-Universität Bochum

Mögliche Krankheitszeichen beim Cytomegalievirus

Bei Erwachsenen verläuft eine CMV-Infektion häufig unbemerkt oder zeigt nur milde Symptome – ähnlich einer Erkältung. Dazu zählen Müdigkeit, leichtes Fieber, Muskel- oder Gliederschmerzen sowie geschwollene Lymphknoten. Aufgrund der unspezifischen Beschwerden bleibt die Infektion oft unerkannt – ein Problem, insbesondere in der Schwangerschaft.

„CMV ist tückisch, weil die Infektion oft ohne Symptome verläuft und daher nicht erkannt wird. Gerade in der Schwangerschaft kann das gravierende Folgen haben. Aufklärung und Prävention sind deshalb entscheidend“, betont Prof. Dr. Clemens Tempfer, Direktor der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe im Marien Hospital Herne - Universitätsklinikum der Ruhr-Universität Bochum.

Wie steckt man sich mit dem Cytomegalievirus an?

Das CMV wird über Körperflüssigkeiten wie Speichel, Urin, Blut oder Tränenflüssigkeit übertragen – häufig durch Schmier- oder Tröpfcheninfektionen. Besonders relevant für Schwangere: Kleinkinder, die selbst eine CMV-Infektion durchgemacht haben, scheiden das Virus oft über Monate oder Jahre aus. Wer beruflich oder privat engen Kontakt zu kleinen Kindern hat, ist daher stärker gefährdet.

Auch durch Sexualkontakte kann das Virus übertragen werden. Etwa jede zweite Frau im gebärfähigen Alter hat keine Antikörper gegen CMV und ist damit nicht geschützt. Eine Primärinfektion in der Schwangerschaft betrifft rund 1 von 100 ungeschützten Frauen.

Vorsorge und Schutz: Hygiene ist das A und O

Da es bisher keine Impfung gegen das Cytomegalievirus gibt, ist Vorbeugung besonders wichtig. Wer mit kleinen Kindern lebt oder arbeitet, sollte auf strenge Hygiene achten. Dazu gehört:

  • Regelmäßiges und gründliches Händewaschen (z. B. nach dem Windelwechsel, Füttern, Kuscheln oder Kontakt mit Speichel)
  • Kein Teilen von Besteck, Zahnbürsten oder Getränken mit Kleinkindern
  • Vermeiden von Küssen auf den Mund
 

„Viele Schwangere haben noch nie von CMV gehört – dabei ist das Virus eine der häufigsten Ursachen für kindliche Infektionen in der Schwangerschaft. Wir empfehlen deshalb allen werdenden Müttern, sich frühzeitig über mögliche Risiken zu informieren und Hygieneregeln konsequent im Alltag umzusetzen – besonders, wenn bereits kleine Kinder zur Familie gehören.“

  Dr. Christina BrenzelFachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, MVZ Herdecke Ärzte Sally-Grünewald-Straße

Ein Antikörpertest (Pränatal-Bluttest) zu Beginn der Schwangerschaft kann durch eine entsprechende Diagnose klären, ob eine Immunität besteht. Ist das nicht der Fall, empfiehlt sich eine regelmäßige Kontrolle im Abstand von sechs bis acht Wochen. Bei Nachweis einer CMV-Erstinfektion in der Schwangerschaft wird die Entwicklung des Kindes regelmäßig per Ultraschall überwacht.

„Viele Schwangere haben noch nie von CMV gehört – dabei ist das Virus eine der häufigsten Ursachen für kindliche Infektionen in der Schwangerschaft“, erklärt Dr. Christina Brenzel, Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, MVZ Herdecke Ärzte Sally-Grünewald-Straße. „Wir empfehlen deshalb allen werdenden Müttern, sich frühzeitig über mögliche Risiken zu informieren und Hygieneregeln konsequent im Alltag umzusetzen – besonders, wenn bereits kleine Kinder zur Familie gehören.“

Toxoplasmose: Der unsichtbare Parasit

Toxoplasmose ist eine Infektion, die durch den Parasiten Toxoplasma gondii ausgelöst wird. Die Hauptwirte sind Katzen – sie scheiden die Erreger mit dem Kot aus. Menschen können sich infizieren, wenn sie mit Katzenkot, rohem Fleisch, ungewaschenem Obst oder Erde in Berührung kommen.

Auch hier verläuft die Erkrankung in den meisten Fällen unbemerkt oder mit nur leichten Symptomen wie Fieber oder Lymphknotenschwellung. Rund die Hälfte der Menschen in Deutschland hat sich irgendwann bereits infiziert und ist danach lebenslang immun. Gefährlich wird es, wenn eine Frau sich während der Schwangerschaft erstmals ansteckt: Dann kann der Parasit über die Plazenta auf das Kind übergehen.

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„In der Schwangerschaft ist eine Erstinfektion mit Toxoplasmose kritisch, da sie das ungeborene Kind gefährden kann. Das Risiko wird oft unterschätzt."

  Prof. Dr. Sven SchiermeierDirektor des Zentrum für Frauenheilkunde und Geburtshilfe der St. Elisabeth Gruppe und Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Marien Hospital Witten

Symptome einer Toxoplasmose-Infektion

In der Regel verläuft eine Infektion mit Toxoplasma gondii symptomlos. Manche Betroffene berichten über grippeähnliche Beschwerden, darunter Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen sowie Schwellungen der Lymphknoten – insbesondere im Halsbereich. Da diese Symptome auch viele andere Ursachen haben können, wird eine Toxoplasmose häufig nicht erkannt.

„In der Schwangerschaft ist eine Erstinfektion mit Toxoplasmose kritisch, da sie das ungeborene Kind gefährden kann. Das Risiko wird oft unterschätzt“, erklärt Prof. Dr. Sven Schiermeier, Direktor des Zentrum für Frauenheilkunde und Geburtshilfe der St. Elisabeth Gruppe sowie der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe des Marien Hospital Witten.

So lässt sich Toxoplasmose vermeiden und behandeln

Das Risiko für eine Übertragung auf das ungeborene Kind ist im zweiten und dritten Schwangerschaftsdrittel am höchsten. Doch gerade bei einer Infektion zu Beginn der Schwangerschaft drohen besonders schwerwiegende Folgen wie bspw. eine Tot- oder Fehlgeburt, Hirn-, Lungen- oder Herzschäden sowie Augenentzündungen.

Schwangere sollten daher folgende Vorsichtsmaßnahmen beachten:

  • Kein Verzehr von rohem (z.B. Mett, Tartar) oder halbgegartem Fleisch
  • Gründliches Waschen von Obst, Gemüse und Salat
  • Handschuhe bei Gartenarbeit tragen
  • Kontakt mit Katzenkot vermeiden (z. B. durch Delegieren der Reinigung des Katzenklos)
 

Toxoplasmose ist gut vermeidbar – wenn man um die Risiken weiß und einfache Hygieneregeln beachtet. Ein frühzeitiger Test bringt Klarheit. Im Fall einer Infektion können wir heute wirksame Therapien einsetzen, um das Risiko für das Kind deutlich zu senken."

  Valentin MenkeChefarzt der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, St. Anna Hospital Herne

Ob eine Immunität besteht, kann ein einfacher Bluttest bzw. ein Toxoplasmose-Screening zeigen.  Durch Laboruntersuchungen nach der Blutabnahme stellt man fest, ob sich Antikörper im Blut der Frau finden und sie entsprechend immun ist. Sollte das nicht der Fall sein und es kommt zu einer Infektion in der Schwangerschaft, kann diese mit Antibiotika und gegebenenfalls antiparasitären Medikamenten behandelt werden.

„Toxoplasmose ist gut vermeidbar – wenn man um die Risiken weiß und einfache Hygieneregeln beachtet“, betont Valentin Menke, Chefarzt der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe des St. Anna Hospital Herne. „Ein frühzeitiger Test bringt Klarheit. Im Fall einer Infektion können wir heute wirksame Therapien einsetzen, um das Risiko für das Kind deutlich zu senken.“

Hygiene und Vorsorge machen den Unterschied

Infektionen wie Zytomegalie und Toxoplasmose sind in der Schwangerschaft ernst zu nehmen – gerade, weil sie oft unbemerkt verlaufen. Wer weiß, worauf zu achten ist, kann jedoch viel tun, um das Risiko für sich und sein Kind zu minimieren. Im Zweifel hilft ein Gespräch mit der Frauenärztin oder dem Frauenarzt weiter. Vor allem dann, wenn ein erhöhtes Infektionsrisiko besteht. Auch Paare mit Kinderwunsch sollten frühzeitig ärztlichen Rat einholen, um mögliche Risiken durch Infektionen wie des Cytomegalievirus oder Toxoplasmose abzuklären. Ein entsprechendes Screening und eine frühzeitige Diagnose vor oder zu Beginn der Schwangerschaft kann helfen, gezielte Vorsorgemaßnahmen zu treffen und so die Gesundheit von Mutter und Kind bestmöglich zu schützen.

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Prof. Dr. Clemens Tempfer

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Dr. Christina Brenzel

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Valentin Menke

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