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Vierfach gefährlich Das metabolische Syndrom

Keine eigenständige Krankheit, aber eine ernstzunehmende Gefahr für das Herz-Kreislauf-System: Das metabolische Syndrom ist das Ergebnis eines langjährigen, ungesunden Lebensstils und des daraus resultierenden Übergewichts. Das kann schwerwiegende Folgen haben. Wie entsteht ein metabolisches Syndrom? Welche Folgen hat es? Und wie sieht die Therapie aus?

Das metabolische Syndrom (auch „Wohlstandssyndrom“) fasst vier verschiedene Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zusammen. Daher auch die englische Bezeichnung „deadly quartet“ – zu Deutsch „tödliches Quartett“. Hauptrisikofaktor ist durch wenig Bewegung und viele Kalorien verursachtes, starkes Übergewicht – die sogenannte Adipositas. Besonders ungünstig ist dabei das abdominelle Übergewicht – also ein erhöhter Taillenumfang auf Grund von vermehrten Fettanlagerungen. Dieses begünstigt die Entstehung der weiteren Risikofaktoren:

  • ein gestörter Cholesterinhaushalt und hohe Blutfettwerte
  • Bluthochdruck
  • ein krankhaft erhöhter Blutzuckerspiegel

Viele Kalorien – viele Risiken

Adipositas ist ein Wegbereiter für die anderen Risikofaktoren. Denn Übergewicht in Verbindung mit hohen Fettablagerungen im Bauchbereich führt häufig zu Veränderungen des Fettstoffwechsels. Daher auch der Name „Metabolisches Syndrom“ – metabolisch bedeutet übersetzt so viel wie „den Stoffwechsel betreffend“.

 

"Insulin beeinflusst viele Stoffwechselprozesse im Körper."

  Prof. Dr. Metin SenkalChefarzt, Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Plastische Chirurgie, Marien Hospital Witten

Über das Hormon Insulin hängen Fett- und Zuckerstoffwechsel eng zusammen. Werden die Körperzellen im Zuge der vermehrten Fettablagerung unempfindlicher gegenüber Insulin, steigt der Blutzuckerspiegel, da der Zucker nicht mehr in den Zellen aufgenommen wird. Gleichzeitig steigt auch der Blutdruck, denn das Übermaß an Insulin bewirkt eine Ablagerung von Wasser und Kochsalz in den Nieren. So wird der Flüssigkeitshaushalt in den Gefäßen gestört. Dies führt auf lange Sicht zu Ablagerungen – den sogenannten Plaques. Es bilden sich Engstellen, durch die das Blut nicht mehr ungehindert fließen kann. Im schlimmsten Fall droht eine Unterversorgung wichtiger Organe mit Blut.

Symptome kommen erst, wenn es fast zu spät ist

Schätzungen zufolge erkranken etwa 30 Prozent der Menschen in Industrienationen im Lauf ihres Lebens am metabolischen Syndrom, darunter immer mehr jüngere Menschen. Besonders gefährlich ist dabei, dass das metabolische Syndrom lange Zeit keine Symptome verursacht, bis dann die Vorboten einer Herz-Kreislauf-Erkrankung – etwa eines Schlaganfalls oder eines Herzinfarktes – auftreten. Häufig erfahren Betroffene erst dann, dass neben dem sichtbaren Übergewicht weitere Bedrohungen ihrer Gesundheit vorliegen. Weitere Anzeichen können Luftnot sowie Schmerzen oder ein Engegefühl in der Brust sein.

Gesunde Ernährung für einen gesunden Stoffwechsel

Die Therapie des metabolischen Syndroms zielt vor allem auf die Reduktion der Risikofaktoren ab. So lässt sich auch das Risiko für Folgeerkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems oder Diabetes verringern. „Wichtigster Ansatzpunkt ist das Übergewicht, denn das metabolische Syndrom basiert vor allem auf einem ungesunden Lebensstil“, erklärt Professor Metin Senkal, Chefarzt des Adipositaszentrum des Marien Hospital Witten. „Mit einer gezielten Ernährungsumstellung und vermehrter Bewegung gilt es, eine negative Kalorienbilanz zu erzielen. Die Patienten müssen also mehr Kalorien verbrennen, als sie durch die Nahrung aufnehmen.“ Diese tiefgreifende Veränderung der Lebensgewohnheiten erfasst alle Faktoren des metabolischen Syndroms in gleichem Maße und erzielt so die besten Ergebnisse. Erst wenn solche Maßnahmen nicht den gewünschten Effekt erzielen, kommt ein chirurgischer Eingriff zur Reduktion des Körpergewichts in Betracht. Den nötigen Wandel des Lebensstils und der Ernährungsgewohnheiten ersetzt die Operation jedoch nicht.

 

"Betroffene sollten vor allem stark gesüßte Getränke, wie Softdrinks, vermeiden."

  Lisa OstermannErnährungsberaterin, St. Elisabeth Gruppe

Gemüse und Eiweiß sollen satt machen

„Im Bereich der Ernährung sollte eine konsequente Umstellung auf eine fett- und kohlenhydratmodifizierte sowie kalorienreduzierte Mischkost mit Fisch sowie frischem Obst, Gemüse und Salat erfolgen“, sagt Lisa Ostermann, Ernährungsberaterin der St. Elisabeth Gruppe – Katholische Kliniken Rhein-Ruhr. Dabei gilt jedoch: Mehr Gemüse als Obst. Denn Obst hat einen deutlich höheren Zuckeranteil. Zu jeder Mahlzeit sollte eine hochwertige Eiweißquelle gehören, die für ein längeres Sättigungsgefühl sorgt. Neben Fisch und magerem Fleisch können auch Nüsse und Hülsenfrüchte eine solche Eiweißquelle darstellen. Konsequent gemieden werden sollten dagegen zuckerhaltige Getränke wie etwa Softdrinks.

Mehr Vollkorn, weniger Fett und Salz

Statt einfacher Kohlenhydrate, wie Nudeln oder Weißbrot, rät Ernährungsberaterin Janina Buschmann zu Vollkornprodukten mit mehr Ballaststoffen: „Diese sättigen länger und helfen dabei, den Blutzucker zu regulieren.“ Auch der Zuckerkonsum in jeglicher Form sollte reduziert werden. Bei den Fetten sollten Betroffene darauf achten, gesättigte Fettsäuren und sogenannte Transfette, die vor allem in industriell hergestellten Lebensmitteln stecken, durch ungesättigte Fettsäuren zu ersetzen. Solche ungesättigten Fettsäuren sind beispielsweise in fettem Seefisch, Olivenöl und Nüssen enthalten. Dazu gilt es, den Salzkonsum zu reduzieren, um den Blutdruck zu senken. „Auch Salz kommt vor allem in industriell hergestellten Lebensmittel im Übermaß vor. Betroffene sollten daher lieber selbst kochen, anstatt zu Fertigmahlzeiten zu greifen“, empfehlen die Ernährungsberaterinnen.

Ein geregelter Tagesablauf hilft, das Gewicht zu regulieren

Ein geregelter Tagesablauf mit drei gleichmäßig verteilten Mahlzeiten und dem Verzicht auf Snacks kann dabei behilflich sein, die Ernährung langfristig umzustellen und reguliert zusätzlich den Blutzuckerspiegel. Der behandelnde Arzt kann den Patienten eine Ernährungsberatung anordnen, die bei der Auswahl der richtigen Lebensmittel und der Planung der Mahlzeiten unterstützt und jederzeit als Ansprechpartner zur Verfügung steht.

 

"Verteilen Sie Mahlzeiten in gleichmäßigen Abständen über den Tag und verzichten Sie auf Snacks."

  Janina BuschmannErnährungsberaterin, St. Elisabeth Gruppe

Mit Bewegung gegen Übergewicht und dessen Folgen

Zudem sollte regelmäßige Bewegung auf der Tagesordnung stehen. Etwa 30 Minuten am Tag – sei es Spazieren gehen, Treppen steigen oder Fahrrad fahren. Die körperliche Aktivität kann den Kalorienverbrauch steigern und hilft so, besser Gewicht zu verlieren und das gewünschte Körpergewicht zu halten. Sport ist dazu gesund für Herz und Gefäße und hat eine antidepressive Wirkung. Betroffene können so durch regelmäßige Bewegung das Risiko senken, dass Komplikationen auftreten. Ist die Erkrankung bereits weiter fortgeschritten, verschreibt der behandelnde Arzt Medikamente, die bei der Senkung des Blutdrucks, der Blutfettwerte und des Blutzuckerspiegels helfen können. Diese können mit Fortschreiten der Therapie Stück für Stück wieder reduziert und abgesetzt werden.

Weitere Tipps zum Thema „Gesunde Ernährung“ gibt es bei den regelmäßig stattfindenden „Ernährungstreffs“ im St. Anna Hospital Herne.