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Häufig lange unentdeckt - Bauchspeicheldrüsenkrebs

Die Diagnose Krebs ist für Betroffene ein großer Schock. Betrifft es dann noch die Bauchspeicheldrüse, ist dies eine besondere Herausforderung. Denn die Erkrankung wird in der Regel erst spät als Zufallsbefund entdeckt und ist dann oft nicht mehr operabel.

Warum ist die Bauchspeicheldrüse so wichtig?

Die Bauchspeicheldrüse befindet sich im Oberbauch hinter dem Magen und ist nur schwer zugänglich. Das Organ grenzt an Magen, Zwölffingerdarm, Leber und Milz und wird in drei Bereiche eingeteilt: Der Kopf, daran anschließend der Körper und der Schwanz. Dabei liegt der Kopf im Bereich des Dünndarms, während der Schwanz über die Niere zur Milz verläuft. „Die Bauchspeicheldrüse ist ein sehr filigranes Drüsenorgan und übernimmt lebenswichtige Funktionen“, erklärt Prof. Dr. Dirk Bausch, Direktor der Chirurgischen Klinik des Marien Hospital Herne – Universitätsklinikum der Ruhr-Universität Bochum. Als Verdauungsdrüse produziert sie Verdauungssekrete, die für die Aufspaltung der Nahrung dienen. Zudem ist sie für die Produktion von wichtigen Hormonen wie beispielsweise Insulin verantwortlich, das vor allem für den Zuckerstoffwechsel eine bedeutende Rolle spielt.

Was ist Bauchspeicheldrüsenkrebs?

Bei Bauchspeicheldrüsenkrebs (Pankreaskarzinom) handelt es sich um eine bösartige Gewebsveränderung der Bauchspeicheldrüse (Pankreas). „Diese Krebsart gehört zu den aggressivsten Tumoren. In 70 Prozent der Fälle befindet sich der Tumor im sogenannten Pankreaskopf. In anderen Fällen ist der Tumor im Pankreaskörper oder im Pankreasschwanz lokalisiert“, erläutert Dr. Nurettin Albayrak, Chefarzt der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie und Leiter des Pankreaszentrum des St. Anna Hospital Herne. Nach Angaben der Deutschen Krebsgesellschaft kommt Bauchspeicheldrüsenkrebs relativ selten vor, die Krebserkrankung ist für sechs Prozent aller Krebstodesfälle verantwortlich. Jährlich erkranken deutschlandweit rund 7000 Frauen und 6400 Männer an dieser Krebserkrankung. In der Regel betrifft es die ältere Bevölkerungsgruppe im Alter von 60 bis 70 Jahren.

Warum ist das Pankreaskarzinom so gefährlich?

Die Beschwerden treten erst spät im Krankheitsverlauf auf, weshalb die Diagnose oft erst spät gestellt wird. „Wird die Diagnose erstellt, ist der Tumor in der Regel bereits weit fortgeschritten“, so die Herner Spezialisten. Zudem ist der Krebs oft lange symptomlos, die Betroffenen merken das Wachstum des Tumors nicht.

Was sind die Symptome?

Bei Bauchspeicheldrüsenkrebs sind die Beschwerden sehr unspezifisch und können auf verschiedene Erkrankungen hindeuten. Gewichtsverlust, Fieber, Rückenschmerzen, Oberbauchschmerzen, Abgeschlagenheit sind einige Symptome, die sich bei dieser Erkrankung bemerkbar machen. Gelbsucht, Diabetes oder eine Entzündung der Bauchspeicheldrüse sind spezifischere Symptome, die auf eine Tumorerkrankung der Bauchspeicheldrüse hinweisen können. „Treten diese Symptome bei über 60-Jährigen auf, sollte eine Krebserkrankung dieses Drüsenorgans mitgedacht werden, um so schnell wie möglich eine Diagnose zu stellen und eine auf den Patienten abgestimmte Therapie einzuleiten“, empfiehlt Prof. Bausch.

Wie wird Bauchspeicheldrüsenkrebs diagnostiziert?

Oftmals wird Bauchspeicheldrüsenkrebs zufällig bei einer Untersuchung (z.B. Ultraschall des Bauches) entdeckt. Besteht der Verdacht auf Bauchspeicheldrüsenkrebs, kommen verschiedene diagnostische Verfahren zum Einsatz.

Blutuntersuchung

Die Blutwerte geben Informationen über den Allgemeinzustand des Patienten und können wichtige Hinweise auf die Funktionalität bestimmter Organe geben. So kann Blutarmut in Kombination mit einem erhöhten Kalziumspielgel sowie Veränderungen der Leber- und Bauchspeicheldrüsenenzyme ein Hinweis auf eine Tumorerkrankung sein. Zudem können Tumormarker bestimmt werden. Hierbei handelt es sich um bestimmte Eiweißstoffe, die von den Tumorzellen produziert und im Blut nachgewiesen werden können. Anhand der Tumormarker kann oft bestimmt werden, um welche Art von Bauchspeicheldrüsenkrebs es sich handelt. Allerdings sind die Tumormarker im Blut erst nachweisbar, wenn der Tumor eine gewisse Größe erreicht hat. Daher wird die Tumorbestimmung weniger für die Diagnose, sondern mehr für die Beurteilung des Tumorwachstums herangezogen.

Ultraschall (Sonographie)

Die Sonographie erlaubt eine Untersuchung des Bauchraums ohne Röntgenstrahlung und gibt wertvolle Informationen darüber, ob der Tumor den Gallengang verengt. Ist dies der Fall, kommt es zu einem Gallenstau, der sehr schnell behandelt werden sollte. Bei einem Gallenstau kommt es nun zu einer verminderten oder sogar zu einer blockierten Weiterleitung der Gallenflüssigkeit. Die Folge ist, dass der Gallensaft nur noch unzureichend bis gar nicht in den Darm weitergeleitet wird, was die Fettverdauung massiv beeinträchtigt.

Computertomographie (CT)

„Die Computertomographie ist eines der wichtigsten Untersuchungen bei Verdacht auf eine Tumorerkrankung der Bauchspeicheldrüse. Mithilfe der Computertomographie kann die Ausbreitung des Tumors beurteilt werden. Ferner kann erkannt werden, ob der Tumor bereits andere Organe befallen hat und sich Metastasen gebildet haben“, so Dr. Albayrak.

Die Computertomographie ähnelt der Röntgenuntersuchung, allerdings wird hier dem Patienten bei der Untersuchung intravenös ein Kontrastmittel verabreicht. Mithilfe des Kontrastmittels wird die betreffende Körperregion Schicht für Schicht durchleuchtet, so dass der Sitz und die Größe des Tumors genau festgestellt werden können.

Endoskopisch retrograde Cholangiopankreatikographie (ERCP)

Bei dieser Untersuchung wird eine Spiegelung mit einem flexiblen Endoskop durchgeführt, das über den Mund bis hin in den Dünndarm geführt wird. Nach Gabe von Kontrastmittel werden so u. a. Verengungen des Gallen- und Bauchspeicheldrüsengangs erkennbar. Mit speziellen Instrumenten wird eine Gewebeprobe aus dem Tumor entnommen, die anschließend im Labor untersucht wird. Zusätzlich bietet dieses Verfahren die Möglichkeit, Engstellen im Gallengang zu behandeln. Indem Einlagen von Plastik- oder Metallgitterröhrchen eingesetzt werden, kann beispielsweise ein Gallenstau aufgelöst werden, so dass ein Abfluss der Galle in den Dünndarm wieder möglich ist.

Wie kann Bauchspeicheldrüsenkrebs behandelt werden?

Die Behandlung von Krebserkrankungen erfordert die enge  Zusammenarbeit mehrerer Ärzte aus unterschiedlichen Fachrichtungen. Um die bestmögliche Therapie festzulegen, werden daher in onkologischen Zentren alle Patienten mit bösartigen Tumoren zunächst in interdisziplinären Tumorboard vorgestellt. Dabei werden die Therapieempfehlungen auf der Basis der nationalen und internationalen Leitlinien und aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse erstellt. Aufgrund der sehr unspezifischen Beschwerden wird das Pankreaskarzinom erst sehr spät festgestellt, so dass eine heilende Therapie oft schwierig ist.

Operative Behandlung

Die Behandlung des Tumors hängt stark davon ab, wo sich der Tumor befindet. Wird der Bauchspeicheldrüsenkrebs früh entdeckt, kann man ihn meist gut zu operieren. Je nachdem wo sich der Tumor befindet, werden der Kopf, Körper oder Schwanz oder gleich mehrere Teile des Drüsenorgans entfernt. Gegebenfalls müssen auch angrenzende Organe wie Milz oder Zwölffingerdarm teilweile oder vollständig entfernt werden. Dabei werden auch die umliegenden Lymphknoten entfernt, um die Ausbreitung von Tumorzellen und die Bildung von Metastasen zu verhindern. „Die einzige Heilungsmöglichkeit des Pankreaskarzinoms ist die radikale chirurgische Entfernung des Tumors. Allerdings muss für diesen Eingriff der Tumor auf die Bauchspeicheldrüse begrenzt sein, es dürfen keine Metastasen vorhanden sein“, erläutert Prof. Bausch. Die Operation erfolgt minimal-invasiv, roboter-assistiert oder offen. „Welches Verfahren bei einer Operation angewandt wird, hängt von vielen Faktoren ab wie zum Beispiel: Begleiterkrankungen des Patienten, Ausdehnung der Erkrankung sowie dem Wunsch des Patienten. In der Regel kommt in Herne aufgrund der hier bestehenden besonderen Expertise das besonders schonende roboter-assistierte oder minimal-invasive Verfahren zum Einsatz“.

Aber auch nach der operativen Entfernung des Tumors besteht das Risiko, dass der Tumor im operierten Bereich wieder auftritt. Um das erhöhte Rückfallrisiko zu senken, wird in der Regel eine ergänzende Chemotherapie empfohlen. „Sollten bereits Metastasen in anderen Organen vorliegen, ist eine Operation nicht zu empfehlen, da in diesem Fall keine operative Heilung möglich ist“, erklärt Dr. Albayrak.

Chemotherapie und Strahlentherapie

Im Regelfall erfolgt nach jeder operativen Tumorentfernung eine Chemotherapie, um das Wiederauftreten des Tumors zu verhindern oder hinauszuzögern. Diese wird normalerweise ambulant über ein halbes Jahr durchgeführt. Bei Pankreaskarzinomen, die lokal zu groß für eine sofortige chirurgische Entfernung sind, jedoch noch nicht im Körper gestreut (metastasiert) haben, wird eine Chemo- und ggf. Strahlentherapie durchgeführt. Diese soll eine Tumorverkleinerung herbeiführen, damit eine chirurgische Entfernung möglich ist.

Nachsorge

Obwohl in den deutschen Leitlinien keine spezielle Nachsorge bei Patienten nach operativer Entfernung eines Pankreaskarzinoms empfohlen wird, weisen klinische Studien darauf hin, dass eine standardisierte Nachsorge sinnvoll sein kann, um behandelbare wiederkehrende Tumore frühzeitig zu erkennen. Die chirurgischen Experten des St. Anna Hospital Herne und Marien Hospital Herne – Universitätsklinikum der Ruhr-Universität Bochum führen regelmäßig Nachsorgeuntersuchungen durch.

Ihre Experten

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Dr. Nurettin Albayrak

Chefarzt
Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie
St. Anna Hospital Herne
Fon 02325 - 986 - 2051
chirurgie@annahospital.de

doc

Professor Dr. med. Dirk Bausch

Direktor
Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie
Marien Hospital Herne – Universitätsklinikum der Ruhr-Universität Bochum
Fon 02323 - 499 - 1478
chirurgie@marienhospital-herne.de