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Spazierengehen Was ist dran an den magischen 10.000 Schritten am Tag?

Um gesund und fit zu bleiben, sollte man mindestens 10.000 Schritte täglich gehen – diesen Rat haben die meisten bestimmt schon einmal gehört. Doch was ist dran an dieser weitverbreiteten Faustregel und woher stammt die Empfehlung? Was bewirken 10.000 Schritte am Tag und sind sie wirklich so gesund?

Ein Ziel, das sich viele Menschen zum Wohle ihrer Gesundheit setzen, ist pro Tag 10.000 Schritte zu gehen. Fitnessuhren und Smartwatches mit integriertem Schrittzähler, die mittlerweile an zahlreichen Handgelenken zu finden sind, machen eine Erfolgskontrolle leicht möglich. Doch woher stammt eigentlich dieser weitverbreitete Ratschlag? Die Antwort darauf dürfte überraschen: So ist man sich weitestgehend einig, dass der Ursprung der „10.000 Schritte“ nicht etwa in der medizinischen Forschung liegt, sondern in der Werbeindustrie. Die hatte sich die Empfehlung in den 60er Jahren ausgedacht, um einen Schrittzähler aus Japan zu bewerben. Seitdem ist die magische Zahl 10.000 in den Köpfen der Menschen haften geblieben. Macht es also überhaupt Sinn, diese tägliche Schrittzahl anzustreben?

Jeder Schritt kann sich lohnen

Seit den 60er Jahren hat sich eine Menge getan und es wurden zahlreiche Studien zu dem Thema durchgeführt. Auch haben renommierte Institutionen die 10.000-Schritte-Regel als Gesundheitstipp übernommen. Zum Beispiel wirbt die Ärztekammer Nordrhein in einem Flyer für die 10.000 Schritte am Tag. Erst 2019 untersuchte auch die Harvard Medical School die Auswirkung der täglichen Schrittzahl auf die Gesundheit. Hierfür stellten sich die Forscher die Frage, ob mehr Schritte am Tag mit einem geringeren Sterberisiko einhergehen. Dafür untersuchten sie fast 17.000 Frauen mit einem Durchschnittsalter von 72 Jahren. Sie fanden heraus, dass Frauen, die etwa 4.400 Schritte täglich machten, nach fast viereinhalb Jahren ein um über 40 % geringeres Sterberisiko hatten als andere Probandinnen, die nur 2.700 Schritte am Tag zurücklegten. Bei Frauen, die bis zu 7.500 Schritte pro Tag gingen, konnte sogar eine noch geringere Sterblichkeitsrate festgestellt werden. Bei mehr als 7.500 Schritten pro Tag konnte jedoch kein nennenswerter Effekt mehr nachgewiesen werden. Sieben- bis achttausend Schritte am Tag scheinen demnach ein guter Richtwert zu sein, wenn es um die Gesundheit geht. In ihrem Fazit schlussfolgern die Forscher, dass die Ergebnisse der Studie ein Anreiz für all diejenigen sein könnten, für die die 10.000 Schritte am Tag, beispielsweise durch einen Bürojob, schwer zu erreichen sind, denn sie zeigen, dass es sich bereits lohnen kann, seine tägliche Schrittzahl um etwa 2.000 bis 3.000 Schritte zu erhöhen.

Minuten statt Schritte

Für eine Verbesserung und Erhaltung der Gesundheit empfiehlt auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) regelmäßige Bewegung. So soll unter anderem das Risiko für Herzkreislauf-Krankheiten, Diabetes Typ 2, Darmkrebs und verschiedene Krebserkrankungen gesenkt werden. Zudem führt die Organisation an, dass Muskelkräftigung und Gleichgewichtstraining, insbesondere bei älteren Menschen, dazu beitragen kann, Stürze zu vermeiden. Hier erfolgt die Angabe allerdings nicht in Schritten, sondern in Minuten. Die aktuelle Empfehlung aus dem Jahr 2020 rät Erwachsenen zu mindestens 150 bis 300 Minuten körperlicher Bewegung mit moderater Intensität in der Woche oder mindestens 75 bis 150 Minuten intensiver Bewegung. Auch eine Kombination beider Formen ist denkbar. Zusätzliches Muskeltraining an mindestens zwei Tagen in der Woche soll weitere gesundheitliche Vorteile mit sich bringen. Ältere Menschen ab 65 Jahren profitierten zudem von gezieltem Balance-, Kraft- und Beweglichkeitstraining an mindestens drei Tagen in der Woche. Wie das ideale Krafttraining für ältere Menschen aussehen kann, gibt es hier zum Nachlesen. Für Kinder und junge Erwachsene werden sogar mindestens 60 Minuten körperliche Bewegung in wenigstens moderater Intensität pro Tag empfohlen. Generell verweist die WHO darauf, dass ein wenig körperliche Bewegung immer noch besser ist, als gar keine.

Aktivität im Alltag steigern

Ziel sollte es also für jeden sein, seine körperliche Aktivität im Alltag zu steigern, doch wie gelingt das? „Bewegung lässt sich eigentlich zu jeder Zeit in den Tagesablauf integrieren. Dazu reichen oft schon kleine Änderungen in den täglichen Gewohnheiten“, berichtet Alexander Kröplin, Leitung des Zentrum für Prävention, Therapie, Rehabilitation und sportmedizinische Diagnostik der St. Elisabeth Gruppe – Katholische Kliniken Rhein-Ruhr am Standort St. Anna Hospital Herne. „Das kann zum Beispiel der Vorsatz sein, statt des Fahrstuhls oder der Rolltreppe immer die Treppen zu nehmen oder eine Station früher aus dem Bus oder der Bahn auszusteigen, um den Rest der Strecke zu laufen. Da kommen dann schnell schon einige Schritte mehr pro Tag zusammen.“ Sehr effektiv ist es auch, die Mittagspause oder den Feierabend bewusst für Bewegung zu nutzen und täglich einen kleinen Spaziergang zu machen. „Ideal ist es natürlich, wenn man es schafft, Sport zur Routine in seinem Alltag zu machen“, so Kröplin. „Dabei ist eine gute Planung ein wichtiger Schritt zum Erfolg. So kann es beispielsweise helfen, sich seine Sporteinheiten als feste Termine in den Kalender einzutragen. Wichtig ist es auch gerade für Einsteiger, sich am Anfang nicht zu überfordern. Wer zu schnell zu viel will, ist frustriert und verliert die Lust am Training. Hier kann die Betreuung durch einen erfahrenen Physiotherapeuten oder Trainer helfen. Der wichtigste Tipp ist wahrscheinlich, eine Sportart zu finden, die einem wirklich Spaß macht. Nur so bleibt man langfristig am Ball!“

5 Tipps für mehr Bewegung im Alltag

  • Wann immer es geht, die Treppe nehmen, statt den Aufzug oder die Rolltreppe – dieser Rat ist zwar ein alter Hut, jedoch sehr effektiv
  • Ein Spaziergang in der Mittagspause oder zum Feierabend wirkt sich positiv auf das tägliche Schrittekonto aus
  • Beim Telefonieren im Büro auf- und abgehen
  • Eine Station früher aus dem Bus oder der Bahn aussteigen und den Rest laufen. Diese Strategie funktioniert auch mit dem Auto: Einfach einige Straßen entfernt vom Ziel parken und die restliche Strecke zu Fuß gehen 
  • Spazier-Date: Sich statt im Café oder zu Hause auf einen Spaziergang mit Freunden treffen